Über Joachim Landkammer

Joachim Landkammer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kunsttheorie und inszenatorische Praxis der Zeppelin Universität.

Herbst 20: Kalkül und Leidenschaft

J. Vogl Ia: Nochmal zu Robinson bei Marx

Da die Antwort auf die Rückfrage von C. Aglibut etwas länger ausfällt, diese hier nicht als „Kommentar“, sondern als eigener Beitrag. Ich habe bisher vier Stellen bei Marx identifiziert, in denen auf „Robinson“ Bezug genommen wird, und muß in der Tat meine Einschätzung etwas revidieren. 1) 1846/47 erwähnt Marx in „Das Elend der Philosophie. Antwort auf Proudhons ‚Philosophie des Elends‘“ Robinson nur kurz nebenbei, im Zusammenhang mit dem Vorwurf, Proudhon mache sich bei seiner narrativen… Weiterlesen

Herbst 20: Kalkül und Leidenschaft

J. Vogl I: Ethnologische Anti-Ökonomik

Joseph Vogl beginnt das Vorwort seiner 2002 das erste Mal erschienenen Habilitationsschrift Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen* (dessen Lektüre und Diskussion der Spirituskreis sich in diesem Frühling 2020 widmen wird) mit einer auf M. Mead und K. Polanyi gestützten Beschreibung der Lebenswelt eines Einwohners von Papua-Neuguinea. In ihr lasse sich, so seine Rekonstruktion, keinerlei „homogene[r] ökonomische[r] Ordnungszusammenhang“ erkennen (10). Weil es keinen „ökonomische[n] Akt im strengen Sinn“ und daher auch keinen homo oeconomicus… Weiterlesen

Was Menschen können (werden)

Zur Podiumsdiskussion „Künstliche Intelligenz als Apokalypse?“ mit Jan Söffner, Hans Ulrich Gumbrecht und Sam Ginn (11.2.2020)* Aus dem großen Reservoir an möglichen Stellungnahmen und Einwänden zu dieser Diskussion sei zunächst nur dieser eine Punkt ausgewählt: Sam Ginn, der hochdotierte forsche Start-Up-Gründerstar, meinte, die Lächerlichkeit unserer Vorstellung, den Rechnern und der „künstlichen Intelligenz“ etwas voraus haben zu können, damit illustrieren zu können, daß er behauptet, wir hätten bisher einfach als spezifisch „menschliche Kompetenz“ immer nur das… Weiterlesen

Nochmal zur Bamberger „Geste der Völkerverständigung“ in China

Hartmut Welscher hat unter dem Titel „Rote Sonne, schöne Bilder. Deutsche Orchester auf Asientournee“ den hier im Blog geschilderten und mehrfach kommentierten Vorgang in seinem Online-Magazin VAN aufgegriffen, allerdings nur als Texteinstieg und Aufhänger. So richtig das von seiner Überschrift ja bereits angedeutete Anliegen sein mag, sich auch einmal über die ökologische („nachhaltige“) Sinnhaftigkeit von Orchester-Fernreisen Gedanken zu machen, so sehr verkürzt und relativiert es das musikpolitische Grundsatz-Problem, um das es mir (und: eigentlich) geht… Weiterlesen

„Völkerverständigung“ im Geiste Maos – Die Bamberger Symphoniker fallen in China auf die Knie

Was ist der Sinn der sog. „klassischen“ Hochkultur, sofern sie nicht zum unreflektiert weitergeschleppten Traditionsgut konservativer Modernitätsverweigerer oder zum teuren Renommierobjekt einer privilegierten Schicht und ihrer eitlen Distinktionsbedürfnisse verkommen ist? Doch wohl einzig der, den allerhöchsten Perfektions- und Qualitätsanspruch all dessen, was zum Kanon des Klassischen und zu dessen strengen Produktions- und Rezeptionsvoraussetzungen gehört, auch mit einem strengen Vorbehalt gegen alles halbseidene, unechte, dilettantisch-kompromißlerische Außer- und Nichtkünstlerische zu verbinden. Von einem auf ranghöchstem Weltniveau spielenden… Weiterlesen

Herbst 19: Blumenberg-Lektüren

Blumenberg V: Sprachsituation und immanente Poetik

Am Anfang des 2012 neu herausgegebenen Nachlaß-Texts „Quellen“ nennt Blumenberg zwei in der Geschichte begegnende „Grundformen“ von „Ordnungsrufen“: „ad res“ und „ad fontes“. Der erste Ruf, der ein (Zurück) „Zu den Sachen“ fordert, „bindet sich an die „Disjunktion von Sachen und Worten, Wirklichkeit und bloßer Rede, Realismus und Rhetorik“ (9). Wir kennen diese philosophiegeschichtlich u.a. mit Husserl verbundene Maxime („Wir wollen auf die ‚Sachen selbst‘ zurückgehen“ heißt es 1900 in den „Logischen Untersuchungen“) heute eher… Weiterlesen

Mit Behörden reden – Formularreplik mit Morgenstern (I)

Work in progress – 1. Lieferung Die Behörde Korf erhält vom Polizeibüro ein geharnischt Formular, wer er sei und wie und wo. Welchen Orts er bis anheute war, welchen Stands und überhaupt, wo geboren, Tag und Jahr. Ob ihm überhaupt erlaubt, hier zu leben und zu welchem Zweck, wieviel Geld er hat und was er glaubt. Umgekehrten Falls man ihn vom Fleck in Arrest verführen würde, und drunter steht: Borowsky, Heck. Korf erwidert darauf kurz… Weiterlesen

Herbst 19: Blumenberg-Lektüren

Blumenberg IV: Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans

Ich stelle hier nur eine kurze Zusammenfassung zur Diskussion. Der Text schließt direkt an den Nachahmungs-Aufsatz an; hier wird ab S. 60 die Idee wiederholt, daß gegenüber einer Welt, verstanden als durch einen göttlichen Willen realisierte Schöpfung, auch der Künstler zum Schöpfer eines mit diese Welt konkurrierenden Nach-Schöpfers wird, der sie allerdings nicht mehr idealisieren und optimieren kann (und darf), sondern ihr im Roman „eine Welt“ als „weltebenbürtiges“ Werk an die Seite stellt. Wichtig finde… Weiterlesen

Herbst 19: Blumenberg-Lektüren

Blumenberg III: Nachahmung der Natur

Im Blumenberg-Film von Christoph Rüter ist zweimal die offenbar aus einer Vorlesung stammende Audio-Einspielung zu hören, in der Blumenberg (sinngemäß) behauptet, daß, wer nicht verstanden habe, daß die Frage „warum überhaupt das Sein sei und nicht vielmehr nichts“ die zentrale Frage der Philosophie sei, nichts von Philosophie verstanden habe. In dem Aufsatz über die Idee der „Nachahmung der Natur“ (und über den Verfall dieser Idee) wird der „Natur“-Begriff meist als gleichbedeutend („kongruent“) mit dem Sein… Weiterlesen

Herbst 19: Blumenberg-Lektüren

Blumenberg IIa: Schiffbruch mit Zuschauer

Als Nachtrag zum Beitrag II: Andrea Rodighiero hat 2009 in einem Aufsatz in „md. Materiali e discussioni per l´analisi dei testi classici“ u.a. auf eine Wiederkehr des Lukrez-Topos bei Proust hingewiesen. Im Band 4 („Sodom und Gomorrha“) seiner „Suche nach der Verlorenen Zeit“ wird eine Szene mit dem gealterten, todkranken Swann so geschildert: Die drei Anfangsworte „Suave, mari magno…“ genügen hier, um Lukrez‘ Anfang des zweiten Buchs „De rerum natura“ aufzurufen („Süß ist’s, anderer Not… Weiterlesen

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