TWA ND 9

Gestern wurde lange über meinen grundsätzlichen Einwand gegen Adornos Haltung zum Verhältnis Individuum-Gesellschaft diskutiert, in dessen Verlauf ich meine Position leider nicht mehr wiedererkannt habe, sicher nur aufgrund eigener intellektueller Defizite. Daher versuche ich nochmal festzuhalten, worum es mir „eigentlich“ ging. Adorno wirft den in den (aktuellen wie vergangenen) kapitalistischen Gesellschaften lebenden Individuen „Narzißmus“ vor, den Glauben, „sie, die Einzelnen seien das Substantielle“ (306). Die „Engstirnigkeit“, mit der jeder sich selbst bzw. sein Eigeninteresse für… Weiterlesen

TWA ND 8

Eine Diskussion entzündete sich an der Frage, ob Adornos kritische Kennzeichnung des (bürgerlichen) Rechtssystems als eines, in dem „das formale Äquivalenzprinzip zu Norm“ geworden ist, und „alle […] über denselben Leisten [schlägt]“ (304) nicht nur eine Verkürzung, sondern auch eine grobe Fehleinschätzung bzw. Mißachtung der Errungenschaft von formaler Gleichheit vor dem Gesetz darstellt; nur diese Idee würde ja Privilegien, Sonderrechte, Status-bezogene Ungerechtigkeit verhindern. Ich tendiere hingegen dazu, Adornos prinzipiellen Vorbehalt zu verteidigen, aus folgenden Gründen:… Weiterlesen

TWA ND 7

Es sei eine relativ „unphilosophische“ Frage an Adornos Text in den Raum gestellt, deren Tragweite für mich schwer abzuschätzen ist (soll heißen: vielleicht ist sie total unwichtig): darf man Adorno eigentlich die Naivität (wenn es denn eine ist) durchgehen lassen, mit der er immer wieder, wenn auch in Halb- und Nebensätzen versteckt, davon ausgeht, daß wir in einer Zeit leben, in der „eigentlich“ eine ganz andere, viel bessere Gesellschaft schon allein deswegen möglich wäre, weil… Weiterlesen

Hegels Philosophie: nichts für „verlorene Söhne“

In der Sitzung zu Hegels Vorrede und Einleitung zur Phänomenologie des Geistes (hier zit. in der 5. Aufl. Frankfurt 1996) wurde u.a. diskutiert, ob Hegels Neu-Anfang in der Philosophie „elitäre“ oder „egalitäre“ Voraussetzungen für seine potentiellen Mit-Philosophierenden impliziert. Dazu gibt es nun verschiedene, relativ offensichtliche Stellen, in denen Hegel einen nicht alltäglichen und nicht ohne weiteres jedem zumutbaren Anspruch („ernsthaftes Geschäft“, 62) geltend macht: die Leugnung einer „natürlichen“, keinerlei Ausbildung und Wissen benötigenden Fähigkeit zum… Weiterlesen

Heidegger, Aristoteles und die Prädikation

1.Der historisch-systematische Bezugspunkt von Sein und Zeit: Die Metaphysik des Aristoteles Im Unterschied zu Adorno, der sein Denken wesentlich an den Systemen des deutschen Idealismus (Kant, Fichte, Schelling, Hegel) orientiert und an deren Grundbegriffen (Subjekt, Transzendentalphilosophie, Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Geist, Dialektik etc.) abarbeitet, motiviert Heidegger die von ihm angestrebte Renaissance der Ontologie, die „Frage nach dem Sinn von Sein“, dem „Sein des Seienden“, „Seinsgrund“ etc. mit nichts weniger als EINER DER Urszenen der abendländischen Philosophie, der… Weiterlesen

TWA ND 6

Leider sind wir nicht dazugekommen, einige wichtige Passagen im Kap. II des 1. Teils genauer zu diskutieren; nur weil mir, als Ich aufgefordert wurde, nun doch einmal genau zu zeigen, wo denn nun A. Heidegger Unrecht tut, diese Stelle nicht sofort eingefallen ist, sei das nun hier nachgeholt. Es geht um die beiden Absätze S. 130ff. A. zitiert hier aus den Anfangsseiten von Heideggers „Sein und Zeit“, also aus der „Einleitung“, in der klar gesagt… Weiterlesen

Unmittelbarkeit: eine Luhmannsche Fußnote

N. Luhmann, Kunst der Gesellschaft, S. 43: Zur Frage, warum „Künstler zumeist nicht in der Lage sind, über ihre Intention befriedigend Auskunft zu geben“. Darum: „Eine Ur-Intention ist nötig, um die Grenze vom unmarkierten zum markierten Raum zu überschreiten; aber dieses Überschreiten, das eine Unterscheidung macht (eine Form abgrenzt), kann nicht selber schon eine Unterscheidung sein.“ Und dazu nun hier eine Fußnote, die seltsamerweise nicht auf den erwartbaren Spencer-Brown verweist, sondern auf – Hegel: „Hier… Weiterlesen

TWA ND 5

Vielleicht philosophiegeschichtlich das letzte Mal tritt uns in A.s Philosophie ein Alleinvertretungsanspruch von Philosophie „überhaupt“ gegenüber, die normative Vorstellung, daß nur die eigene Philosophie die einzig mögliche und verantwortungsvoll vertretbare, auf der Höhe ihrer Zeit verortete Philosophie darstellt: Adorno auch darin ein getreuer Nachfolger Hegels (und Marx‘). Vor allem deswegen muß sie sich nicht nur von den möglichen konkurrierenden Ansätzen, wie den phänomenologischen und v.a. Heideggerianischen absetzen, sondern diese auch für falsch, Ideologisch, und rundweg… Weiterlesen

»[verzagte] Unkraft« und »unkräftige Renaissance«

Beide Möglichkeiten kommen in Betracht. Oben ist Adorno zitiert nach ders., Negative Dialektik, Ffm. 1966, S. 16f., wo er vermutet, die idealistische Dialektik verteidige eine Subjektivität, die „verdrängt [werde] von der Unkraft des erschlaffenden Gedankens, der vor der Übermacht des Weltlaufs daran verzagt, diesen zu konstruieren“. „Eine andere Version von Dialektik begnügte sich mit deren unkräftiger Renaissance: ihrer geistesgeschichtlichen Ableitung aus den Aporien Kants und dem in den Systemen seiner Nachfolger Programmierten, aber nicht Geleisteten“,… Weiterlesen

TWA ND 4

Ich würde gern eine Frage zur „Anschlußfähigkeit“ von A.s ND in den Raum stellen: ist das, was er meint, wenn er das als „dringlich“ einklagt, „woran er [der Begriff] nicht heranreicht„, kompatibel/komplementär/korrigierend (oder sonstwie) zu den aktuellen Bemühungen um einen Ausgleich von Einzelfallgerechtigkeit und theoriefähiger Verallgemeinerbarkeit, wie sie z.B. jetzt in dem Artikel von Rolf Wörsdörfer (FAZ 5.2.2014, S. N3) genannt werden.Insbesondere der dort zitierte Ansatz von John Forrester („Thinking in cases„) würde mich da… Weiterlesen

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